Behinderung ist immer auch Behinderung durch andere! So ist auch die Aussage zu verstehen „Man ist nicht behindert, man wird behindert!“ Ein großer Erfolg für die Behindertenorganisationen war daher die Einfügung eines Benachteiligungsverbots für Behinderte ins Grundgesetz vor einigen Jahren. Was aber ist eine Behinderung?
Im Alltag hört man es immer noch: Für viele Menschen ist „gesund“ das Gegenteil von behindert; sie unterscheiden „Behinderte“ von „Gesunden“. Dabei leuchtet es nach kurzem Überlegen ein, dass ein kranker Mensch nicht unbedingt behindert ist und dass andererseits ein behinderter Mensch sehr wohl gesund sein kann.
Wie der Tod gehören Krankheiten zu unserem Leben. Die meisten Krankheiten können heute geheilt werden – wenn sie nicht sogar von selbst verschwinden. Krankheit ist deshalb – weil vorübergehend – noch lange keine Behinderung! Das Gleiche gilt für Verletzungen, zum Beispiel nach einem Unfall. Richtig ist es daher, von behinderten und nicht behinderten Menschen zu sprechen. Was aber ist genau eine Behinderung?
Erst, wenn Erkrankung oder Unfall dauerhafte oder zumindest länger währende Beeinträchtigungen nach sich ziehen, kann eine Behinderung vorliegen. Der moderne Behinderungsbegriff stellt aber nicht allein auf körperliche, geistige oder seelische „Funktionsbeeinträchtigungen“ ab, sondern auf die sozialen Auswirkungen dieser Einschränkungen. Dies ist auf das gesamte Zusammenleben und nicht (wie früher) allein auf die Erwerbsfähigkeit bezogen, denn eine Behinderung macht sich in vielen Bereichen des Lebens bemerkbar: beim Wohnen, beim Einkaufen, in der Freizeit und im Beruf. Maßgeblich ist also für eine Behinderung, ob durch die körperlichen, geistigen oder seelischen Einschränkungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.
Dementsprechend lautet die gesetzliche Definition von Behinderung (im Behindertengleichstellungsgesetz und im „Neunten Buch des Sozialgesetzbuches“ (abgekürzt: SGB IX):
Damit wird zugleich gesagt, dass die Teilhabe behinderter Menschen das Ziel der Behindertenpolitik ist.
Für die Feststellung einer Behinderung ist die Ursache unerheblich. Die Ursache spielt allerdings eine große Rolle dabei, welcher Rehabilitationsträger einzuschalten ist. Schon 1986 wurde der Begriff „Grad der Behinderung“ (abgekürzt: GdB) anstelle der Bezeichnung „Minderung der Erwerbsfähigkeit“ eingeführt. Mit dem neuen Begriff wird klargestellt, dass die Einschränkungen alle Lebensbereiche betreffen und nicht nur das Erwerbsleben. Außerdem sagte der alte Begriff entgegen dem Wortsinn nichts über die berufliche Leistungsfähigkeit einer behinderten Person aus. Denn: Ein behinderter Mensch mit einem GdB von 100 kann am „richtigen“ Arbeitsplatz die volle Leistung erbringen. Unsere Bitte: Im Zusammenhang mit einer Behinderung sollte das Wort „Prozent“ deshalb gar nicht mehr auftauchen.